Eine Vorsorgevollmacht ist eine in aller Regel als Generalvollmacht ausgestaltet. Der Bevollmächtigte erlangt somit umfassende Befugnisse und kann für den Vollmachtgeber praktisch jedes Rechtsgeschäft tätigen. Es erschließt sich somit ohne weiteres, dass man mit einer Vorsorgevollmacht große Verantwortung delegiert. Vor der Erteilung der Vollmacht sollte man sich deshalb der Risiken bewusst werden, der Bevollmächtigte sollte sorgsam ausgesucht werden.
Vorsorgevollmacht: Außen- und Innenverhältnis
Bei der Vorsorgevollmacht ist rechtlich zwischen dem Außen- und dem Innenverhältnis zu unterscheiden. Im Innenverhältnis wird definiert, wann der Vollmachtnehmer von der Vollmacht Gebrauch machen darf. Die Anweisung lautet dabei typischerweise, dass der Vollmachtnehmer tätig werden darf, wenn der Vollmachtgeber dies aufgrund von Krankheit oder Alter selbst nicht mehr kann. Darüber hinaus ist zumeist geregelt, dass der Vollmachtgeber den Vollmachtnehmer auf im Einzelfall anweisen kann, von der Vollmacht Gebrauch zu machen. Dadurch ist das Vollmachtsverhältnis flexibler gestaltet. Der Vollmachtnehmer könnte zum Beispiel auch dann für den Vollmachtgeber tätig werden, wenn dieser sich urlaubsbedingt im Ausland aufhält und eine entsprechende Anweisung gibt.
Im Außenverhältnis ist die Vollmacht dagegen in aller Regel unbeschränkt. Das bedeutet, dass der Vollmachtnehmer im Rechtsverkehr mit der Vollmacht aktiv werden kann, sobald der die Vollmachtsurkunde vorlegt. Der potentielle Geschäftspartner oder die betreffende Stelle wird nicht prüfen, ob der Vollmachtnehmer gemäß der Vorgaben im Innenverhältnis handelt und somit überhaupt tätig werden darf.
Kann man die Außenwirkung der Vollmacht beschränken?
Theoretisch könnte man in der Vollmacht festhalten, dass diese nur gültig ist, wenn bestimmte Umstände eingetreten sind. So war es in den ersten Vorsorgevollmachten üblich zu regeln, dass diese erst gültig würden, wenn der Vollmachtgeber in seiner Geschäftsfähigkeit eingeschränkt ist. In der Praxis erwiesen sich diese Einschränkungen jedoch sehr schnell als nicht praktikabel. Der Vollmachtnehmer musste dann nämlich bei Vorlage der Vollmacht gegenüber dem Dritten jedesmal den Nachweis führen, dass eine Einschränkung der Geschäftsfähigkeit tatsächlich eingetreten war. Dieser Nachweis ist praktisch unmöglich, da man immer aktuelle medizinische Atteste vorlegen müsste. Genau aus diesem Grund wird deshalb davon abgesehen, entsprechende Einschränkungen in die Vollmachten aufzunehmen.
Was geschieht, wenn der Bevollmächtigte weisungsfeindlich handelt?
Wenn ein Vollmachtnehmer mit der Vollmacht (mit unbeschränktem Außenverhältnis) aktiv wird, obwohl im dies im Innenverhältnis nicht gestattet ist, dann kommt dennoch ein rechtswirksames Rechtsgeschäft zustande, welches den Vollmachtgeber verpflichtet. Der Bevollmächtigte könnte also beispielsweise das Haus des Vollmachtgebers verkaufen, obwohl im dies gar nicht gestattet war. Im Innenverhältnis macht sich der Vollmachtnehmer in so einem Fall natürlich schadensersatzpflichtig, unter Umständen sogar strafbar. Das ändert aber nicht daran, dass das geschlossene Rechtsgeschäft wirksam bleibt. Etwas anderes gilt natürlich dann, wenn der Dritte bösgläubig war, also positiv von der mangelnden Befugnis im Innenverhältnis Kenntnis hatte.
Der beste Schutz: die Vertrauensperson
Der beste Schutz gegen Missbrauch der Vollmacht besteht in der Bevollmächtigung einer Vertrauensperson. Vorsorgevollmachten werden daher typischerweise den nächsten Angehörigen (Ehegatten, Kindern) erteilt. Zwar kann auch auf diesem Wege die Missbrauchsgefahr nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden, die Wahrscheinlichkeit eines weisungsfeindlichen Handelns ist jedoch gering.
Zwar gibt es auch Kontrollmechanismen zur Überwachung des Bevollmächtigten, beispielsweise die Einsetzung eines Überwachungsbevollmächtigten. Davon wird jedoch in der Praxis kaum Gebrauch gemacht, da es die Flexibilität des Bevollmächtigten erheblich einschränkt.
Bei Widerruf: Vollmacht heraus verlangen
Vorsorgevollmachten werden in aller Regel so erteilt, dass sie jederzeit frei widerruflich sind. Wenn der Vollmachtgeber die Vollmacht widerruft, dann muss er auch unbedingt die dem Bevollmächtigten ausgehändigten Vollmachtsurkunden zurück verlangen. Solange der Vollmachtnehmer nämlich im Besitz einer Vollmachtsurkunde ist, kann er damit im Rechtsverkehr auch noch tätig werden. Dritte werden dann in ihrem guten Glauben an das Bestehen der Vollmacht geschützt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Dritte positive Kenntnis vom Widerruf der Vollmacht hat. Es empfiehlt sich daher, bei einem Widerruf bis zur Rückgabe der Vollmachtsurkunden potentielle Dritte (z.B. Banken) vorsorglich über den Widerruf in Kenntnis zu setzen.